Abstract und Fragen der Redaktion: Soziale Unternehmerinnen und Unternehmer bringen die Sache der Nachhaltigkeit voran. In der Praxis stossen ihre unkonventionellen und neuartigen Unternehmensmodelle leider häufig auf Schwierigkeiten. Um sie zu überwinden, ist auch die öffentliche Hand gefordert.
- Mit welchen Schwierigkeiten haben Social Entrepreneurs zu kämpfen?
- Was kann der Staat tun, um diese Schwierigkeiten zu verringern?
Mehr Offenheit für unkonventionelle, neuartige Unternehmensmodelle brächte Lebendigkeit und Entwicklungspotentiale in die Wirtschaft.
Unter dem Titel „Social Entrepreneurship“ wächst welt- und schweizweit eine Bewegung von Unternehmen, die soziale Verantwortung direkt in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Das Erbringen eines Mehrwertes für die Gesellschaft, die soziale Nachhaltigkeit, ist für diese Firmen kein Slogan, sondern deren Basis und Sinngrund. Sie stehen damit fest auf allen 3 Beinen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft/Soziales.
Bei der Produktion von Waren oder Dienstleistungen liegt ihr Fokus nicht nur auf dem monetären Gewinn, sondern gleichwertig auf dem Schutz der Umwelt, der Beschäftigung von Menschen mit Leistungsbeeinträchtigungen, der Verbesserung sozialer Beziehungen usw. Die Gründerinnen und Gründer von sozialen Unternehmen sind innovative, oft junge und jung gebliebene Menschen, die überzeugt davon sind, dass die Welt ein bisschen besser werden kann durch ihr Tun und die keine Anstrengungen scheuen, ihre Werte und Überzeugungen fruchtbar zu machen. Sie sind oft ausgezeichnet ausgebildet, weltoffen und erfahren im Umgang mit Differenz, sei es durch Arbeitsaufenthalte in anderen Ländern und Kulturen oder durch intensive Auseinandersetzung mit den lokalen Gegebenheiten. Lokales Handeln mit Blick und Bezug auf die ganze Welt ist für sie selbstverständlich.
Fast zwangsläufig sind die Geschäftsprozesse dieser Firmen anders modelliert, sie sind, in der Aufbauphase oder dauerhaft, auf Mitfinanzierer angewiesen, sei es durch die öffentliche Hand, sei es durch nachhaltig orientierte Banken oder Privatpersonen. Oft sind es hybride Unternehmen, d.h. eine Mischung aus Gewinnorientierung und Non-Profit-, besser Common-Profit-Ausrichtung, oder sie basieren auf einer Public-Private-Partnership, d.h. auf einem Zusammenspiel von Privatinitiative und Engagement der öffentlichen Hand. Bill Drayton, der Gründer von Ashoka, einer weltweit operierenden Organisation zur Förderung von Social Entrepreneurship, sprach ursprünglich, zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, von „public innovators“. Daraus entwickelte sich dann der Begriff des „Social Entrepreneurs“.
Und hier beginnen für diese Unternehmen meist die Schwierigkeiten. Alternative, neue Modelle der Unternehmensstruktur und -führung sind suspekt. Sie passen in kein bisheriges Schema, sie sprengen den Rahmen, sie lassen sich nicht in den ‚bewährten’ Prozessen und Strukturen einfügen. Ihre Bewertung ist schwierig und mit den üblichen Instrumenten nicht zu leisten. Das beginnt bei der Finanzierung, geht über Vertriebskanäle von Produkten, die geschlossen bleiben, bis hin zur Zusammenarbeit mit konventionellen Partner- und Zulieferbetrieben. Das neue, andere Wirtschaften macht Mühe, es legt sich quer zum Mainstream und verursacht dort – im beste Falle – Wirbel, Irritation und Störungen. Im weniger glücklichen Fall wird es einfach ignoriert und, um im Bild zu bleiben, weggespült.
Trotz solcher Hindernisse und Erschwernisse wächst die Gemeinschaft von Sozialen Unternehmerinnen und Unternehmern stetig.
Ich wünsche mir mehr Offenheit für Experimente, für Pilotbetriebe, für die Unterstützung von neuartigen Geschäftsmodellen durch die öffentliche Hand. Das Beispiel SEIF ‚social entrepreneurship initiative & foundation’ , ein Projekt der KTI ‚Kommission für Technologie und Innovation’ (eine Förderagetur des Bundes für Innovation) und einer Reihe von namhaften Stiftungen, könnte hier wegweisend sein. Mit dem Programm ‚Business Creation for Social Entrepreneurs’ unterstützt SEIF die Gründung von Sozialen Unternehmen, vernetzt und begleitet die Unternehmer, bietet Weiterbildung an, und stärkt so die neuen Geschäftsmodelle. Schön wäre es, wenn auch andere Organisationen, von der Invalidenversicherung (Beschäftigungsmodelle für Menschen mit Leistungsbeeinträchtigung) bis zu lokalen und regionalen Wirtschaftsföderern und Banken, bereit wären, sich auf Neues unvoreingenommen einzulassen und einfach zu experimentieren. Im Märchen würde das Wünschen helfen, und in unserer Realität?